Neue Aufgaben
Änderungen in der Rolle Lehrender
Autor: Manfred Hofferer & Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2024
Die Rolle von Pädagoginnen und Pädagogen in der Jugend- und Erwachsenenbildung verändert sich maßgeblich im Zuge der Digitalisierung und des universellen Zugriffs auf Information und Wissen. Die traditionellen Aufgaben des Lehrens und der Wissens- und Fertigkeitsvermittlung werden durch die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen im Internet völlig neu definiert. Lehrende übernehmen zunehmend stärker als in der Vergangenheit die Rolle von Lernbegleitenden, die Lernende unterstützen, kritisch mit Information umzugehen, selbstbestimmt zu lernen und digitale Werkzeuge sinnvoll zu nutzen und einzusetzen.
Kritisches Denken und Medienkompetenz fördern
In der Zeit der Digitalisierung wird von Pädagoginnen und Pädagogen erwartet, dass sie Lernende dabei unterstützen, Informationen kritisch zu hinterfragen und zwischen relevanten und irrelevanten, verlässlichen und unzuverlässigen Quellen zu unterscheiden. Diese Kompetenz der Informationsbewertung, als "Medienkompetenz" bezeichnet, ist essenziell, um in einer digitalen Welt verantwortungsvoll handeln zu können. Pädagogische Fachkräfte müssen daher über ein tiefes Verständnis der digitalen Medienlandschaft verfügen und in der Lage sein, Lernende in ihrer Mediennutzung anzuleiten und zu begleiten.
Selbstlernkompetenzen fördern
Gleichzeitig ist die Kompetenz zur Förderung von Selbstlernkompetenzen entscheidend. Digitale Technologien ermöglichen ein hohes Maß an personalisiertem und selbstgesteuertem Lernen, das durch die pädagogische Unterstützung zusätzliche Wirkbereiche entfaltet. Zum Beispiel können individualisierte Lernformate Lerninhalte individuell anpassen, indem sie auf den jeweiligen Lernfortschritt reagieren und gezielt Aufgaben vorschlagen, welche die spezifischen Bedürfnisse der Lernenden adressieren. Pädagoginnen und Pädagogen müssen Lernende motivieren und ihnen die notwendigen Werkzeuge an die Hand geben, damit sie selbstständig Wissen erschließen und nachhaltige Lernprozesse gestalten und durchlaufen können.
Soziale und emotionale Kompetenzen stärken
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Stärkung sozialer und emotionaler Kompetenzen. Digitale Lernumgebungen bieten viele Vorteile, wie zum Beispiel flexibles Lernen und die Möglichkeit, individuell angepasstes Material zu nutzen. Jedoch fehlen häufig menschliche Nähe und persönliche Interaktion, was in einem Übermaß gegeben zu Isolation führt. Hier spielt die pädagogische Arbeit eine bedeutende Rolle, indem soziale Lernprozesse gefördert werden, Zusammen- und Teamarbeit ermöglicht wird und ein Raum für den Austausch von Erfahrungen und Emotionen geschaffen wird. Die Vermittlung von Empathie und Kommunikationskompetenz bleibt eine Kernaufgabe pädagogischer Arbeit, um digitale Lernwelten und -prozesse sinnvoll zu ergänzen.
Individuelle Förderung der Lernenden
Ein zusätzlich wichtiger Aspekt ist die individuelle Förderung der Lernenden. Die Digitalisierung ermöglicht es, Lernprozesse stärker zu personalisieren und auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen. Pädagoginnen und Pädagogen müssen die verschiedenen Ausgangslagen, die Lernstände, Interessen und Kenntnisse und Fertigkeiten der Lernenden erkennen und geeignete Lernangebote schaffen, die auf diese Unterschiede eingehen. Das bedeutet, gezielte Unterstützung anzubieten, um Lernbarrieren zu überwinden, und Lernende dabei zu begleiten, ihr Potenzial bestmöglich auszuschöpfen.
Gestaltung digitaler Lernumgebungen
Ein weiterer wichtiger Umstand ist die Rolle der Pädagoginnen und Pädagogen als Gestaltende von Lernumgebungen. Die digitale Transformation erfordert die Entwicklung innovativer didaktischer Konzepte, die hybride Lernformen – eine Mischung aus Präsenzunterricht und digitalen Formaten – sinnvoll integrieren. Lehrende müssen in der Lage sein, digitale Werkzeuge zielgruppenorientiert und effektiv einzusetzen, um das Lernen abwechslungsreich, anregend und zugänglich zu gestalten. Diese Werkzeuge können den Lernprozess unterstützen, indem sie interaktive Elemente einführen, den Lernfortschritt individuell verfolgen und unmittelbares Feedback ermöglichen, was das Engagement und die Lernerfolge der Lernenden fördert. Dabei geht es nicht nur um den Einsatz der Technologie an sich, sondern auch darum, welche pädagogischen Ziele damit verfolgt werden und wie die Werkzeuge den Lernprozess unterstützen können.
Datenschutz und Sicherheit
Datenschutz und Sicherheit sind zudem zentrale Themen in der digitalen Bildung. Pädagoginnen und Pädagogen müssen dafür sorgen, dass die persönlichen Daten der Lernenden geschützt werden und sie in einem sicheren digitalen Umfeld lernen können. Dazu gehört, die Lernenden über die Bedeutung von Datenschutz aufzuklären, bspw. sichere Passwörter zu verwenden und Vorsicht im Umgang mit persönlichen Informationen zu üben. Lehrende müssen in jedem Fall sicherstellen können, dass die digitalen Tools und Plattformen, die sie einsetzen, den geltenden Datenschutzbestimmungen entsprechen, um die Sicherheit und das Vertrauen der Lernenden zu wahren. Pädagoginnen und Pädagogen müssen in diesem Kontext nicht nur technologische Kompetenzen vermitteln, sondern auch für die Risiken sensibilisieren, die mit der digitalen Welt einhergehen, wie etwa Cybermobbing, Fake News oder die Gefahr von Filterblasen.
Kritische Auseinandersetzung mit Technologie
Die kritische Auseinandersetzung mit Technologie ist ein weiterer zentraler Aspekt in der pädagogischen Arbeit. Pädagoginnen und Pädagogen müssen Lernende dazu befähigen, die Vor- und Nachteile von Technologien kritisch zu hinterfragen, deren Auswirkungen auf die Gesellschaft zu verstehen und reflektiert mit neuen Entwicklungen umzugehen. Das beinhaltet auch die ethischen Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Big Data ergeben. Lernende müssen in der Bildungsarbeit in die Lage versetzt werden, nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten von Technologien zu sein, sondern deren Nutzen und Einsatz auch kritisch zu bewerten und eigene Entscheidungen zu treffen.
Interkulturelle Kompetenz in der digitalen Welt stärken
Ein weiterer Punkt ist die interkulturelle Kompetenz in der digitalen Welt. Da der Zugang zu Wissen und Bildungsressourcen global vernetzt ist, begegnen Lernende häufig Menschen aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten. Pädagoginnen und Pädagogen müssen darauf vorbereitet sein, Lernende in der Entwicklung einer weltoffenen Haltung zu unterstützen und die Vorteile der kulturellen Vielfalt insgesamt und die daraus resultierenden unterschiedlichen Perspektiven und Problemlösungsansätze, aktiv zu nutzen. Diese Kompetenz trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden, kulturelle Sensibilität zu fördern und einen respektvollen sowie konstruktiven Umgang zu ermöglichen.
Lifelong Learning fördern
Ein letzter zentraler Aspekt ist die Förderung des lebenslangen Lernens (Lifelong Learning). Die rasante Entwicklung von Technologien und die damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt, wie zum Beispiel der Einsatz von künstlicher Intelligenz, die Automatisierung von Arbeitsprozessen und der zunehmende Bedarf an digitalen Kenntnissen und Kompetenzen, erfordern eine kontinuierliche Weiterbildung. Pädagoginnen und Pädagogen müssen Lernende in ihren Bildungsangeboten ständig dazu ermutigen, eine Haltung des lebenslangen Lernens zu entwickeln und ihnen die dafür notwendigen Werkzeuge und Kompetenzen zu vermitteln. Das schließt die Kompetenz ein, sich ständig an neue Gegebenheiten anzupassen, eigenverantwortlich zu lernen und die eigenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen regelmäßig weiterzuentwickeln.
Zusammenfassung
Insgesamt wird die Rolle der Pädagoginnen und Pädagogen in der Jugend- und Erwachsenenbildung in der Zeit der Digitalisierung und des universellen Zugriffs auf Wissen vielfältiger und anspruchsvoller. Sie agieren heute vielmehr als Orientierungshilfe, Kompetenzfördernde und soziale Wegbegleitende. Der Fokus verschiebt sich und liegt zunehmend weniger auf der reinen Wissens- oder Fertigkeitsvermittlung, sondern mehr auf der Unterstützung zur kritischen Reflexion, der Förderung von Selbstlernprozessen, der individuellen Lernfortschrittsförderung, der Gestaltung digitaler Lernumgebungen, der Vermittlung digitaler Verantwortung sowie der sozialen Integration in einer digitalisierten und vernetzten Welt.
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