Zwischen Stolz und Gefahr

Eine Betrachtung

Wie Nationalismus wirken kann

Autor & Autorin: Manfred Hofferer, Renate Fanninger & Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2024

Eine Ideologie mit Potenzial zur Gefahr: Nationalismus ist eine politische Ideologie, welche die Interessen und Identität einer Nation in den Vordergrund stellt. Aber Achtung, er ist keine einheitliche Ideologie, jedoch verschiedene Nationalismen weisen bestimmte Ähnlichkeiten auf. Während er in einem positiven Kontext ein Gefühl von Zusammenhalt, Miteinander und Gemeinschaft fördern kann, wird Nationalismus toxisch, wenn er z.B. auf Abgrenzung, Überlegenheitsgefühlen und Ausgrenzung anderer beruht. In jeden Fall sind deutlich Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und autoritäre Tendenzen die Folge.

 

Ein Blick auf zumindest fünf Elemente ist wichtig, um zu verstehen, wie Nationalismus sich auf eine gefährliche Weise entwickeln bzw. verwandeln kann. Was macht Nationalismus toxisch? 

 

Nationalismus kann aus mehreren Gründen problematisch werden:

  1. Absolutheit der nationalen Identität: Wenn die nationale Identität als der einzig relevante Faktor betrachtet wird und andere kulturelle oder ethnische Identitäten abgewertet werden, öffnet der Nationalismus die Türen zu Diskriminierungen. Ein Beispiel hierfür ist die historische Betonung der „deutschen“ Wurzeln in Österreich, die andere kulturelle Einflüsse marginalisierte. Dies hat auch heute noch zur Folge, dass Menschen mit Migrationshintergrund als „nicht-österreichisch“ angesehen werden.

  2. Historische Verzerrung: Toxischer Nationalismus verzerrt regelhaft die Geschichte, indem er vergangene Erfolge glorifiziert und/oder Verfehlungen verharmlost und ignoriert. In Österreich könnte die Verherrlichung des Kaiserreichs oder die Verharmlosung der Kollaboration mit Nazi-Deutschland als Beispiele hierfür dienen. Diese Verklärung gefährdet die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und Gegenwart.

  3. Sündenbockpolitik: Toxischer Nationalismus neigt dazu, bestimmte Gruppen für gesellschaftliche Probleme verantwortlich zu machen. Erinnert man sich bspw. an Österreich in den 1990er Jahren in denen vermehrt auf Zuwandernde als Sündenböcke für wirtschaftliche und soziale Missstände hingewiesen wurde. Besonders eine politische Kraft nutzte diese Ängste, um fremdenfeindliche Stimmungen zu schüren und sich damit politisch zu profilieren.

  4. Autoritäre Tendenzen: Nationalistische Regierungen haben nachweisbar und häufig das Bedürfnis, die Macht zu zentralisieren und andere politische Meinungen und Strömungen zu unterdrücken und zu zerschlagen. Das war in Österreich bspw. während des Austrofaschismus in den 1930er Jahren der Fall, als unter Engelbert Dollfuß eine autoritäre Regierung errichtet wurde, die stark auf nationalistische Ideale abzielte.

  5. Militarismus und Gewalt: In extremen Fällen führt Nationalismus zu militärischer Aggression, um die Interessen der Nation zu verteidigen oder zu erweitern. In der österreichischen Geschichte ist der Anschluss an Nazi-Deutschland 1938 ein Beispiel für die gefährlichen Auswirkungen extremen Nationalismus. Die Vereinnahmung Österreichs durch das Dritte Reich war ein klarer Ausdruck von toxischem Nationalismus, der Millionen von Menschen das Leben kostete.

Zusammenfassung: Nationalismus ist die Ideologie, die in zunehmend mehr europäischen Ländern eine bedeutende und aktuell wenig ruhmreiche Rolle spielt und häufig starke und wiederum einseitig nationale bis hin zu rechtsnationale Emotionen weckt. Während der Begriff positive Effekte wie den Zusammenhalt einer Gesellschaft fördern kann, wird er gefährlich, wenn er auf Abgrenzung und Überlegenheit aufbaut. Ein Blick in die österreichische und europäische Geschichte zeigt, dass Nationalismus leicht in toxische Formen umschlagen kann, die gesellschaftliche Spaltung, Diskriminierung, Gewalt bis hin zur blinden Zerstörungswut zur Folge haben. Es ist in jedem Fall wichtig, sich kritisch mit dieser Ideologie auseinanderzusetzen und die feinen Grenzen zwischen patriotischem Stolz und gefährlicher Übersteigerung der eigenen nationalen Identität zu erkennen.

 

Ein positives Verständnis von Nationalismus kann entstehen, wenn Menschen sich für ihr Land engagieren und dieses als eine Gemeinschaft sehen, die von Zusammenhalt und Vielfalt geprägt ist. In dieser positiven Ausprägung betont Nationalismus das Streben nach Gemeinsamkeit, Miteinander und Einheit trotz Unterschiedlichkeit sowie Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, ohne dabei andere Länder, Ethnien oder Kulturen bzw. die Menschen, die von dort kommen und im Land leben, abzuwerten oder auszuschließen. Es geht um den Schutz gemeinsamer Interessen und Werte, die für den sozialen Zusammenhalt und die Förderung des Gemeinwohls wichtig sind. Es ist wichtig zu betonen, dass positiver Nationalismus in jedem Fall auf Inklusion basiert, während toxischer Nationalismus auf Exklusion und Überlegenheitsdenken aufbaut. Positiver Nationalismus erkennt die Bedeutung der eigenen Nation an, respektiert aber gleichzeitig andere Kulturen, Ethnien und Nationen und Menschen, die im Land leben, und bezieht sich immer auf gemeinsame Ziele und Werte wie bspw. die Menschenrechte. (Nachschlagen und im Thema vertiefen lohnt sich)

 

Antwort bitte! Fragen zu Nationalismus und seine Gefahren

 

  1. Was versteht man unter Nationalismus?
    a) Die Ablehnung jeder nationalen Identität
    b) Die politische Ideologie, die die Interessen einer Nation in den Vordergrund stellt
    c) Eine Bewegung, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzt

  2. Wann wird Nationalismus toxisch?
    a) Wenn er auf Fremdenfeindlichkeit und Überlegenheitsgefühlen basiert
    b) Wenn er die kulturelle Identität eines Landes betont
    c) Wenn er den internationalen Austausch fördert

  3. Wie kann toxischer Nationalismus die Geschichte verzerren?
    a) Indem er die positiven und negativen Aspekte der Geschichte gleichwertig betrachtet
    b) Indem er historische Erfolge glorifiziert und Verfehlungen ignoriert
    c) Indem er den Fokus auf die Zukunft legt

  4. Welches Beispiel zeigt, wie toxischer Nationalismus in Österreich Sündenbockpolitik förderte?
    a) Eine politische Kraft machte in den 1990er Jahren Zuwandernde für soziale Probleme verantwortlich
    b) Österreich förderte während des Austrofaschismus Minderheitenrechte
    c) Die Identitäre Bewegung setzte sich für einen multikulturellen Austausch ein

  5. Was war eine Folge des Austrofaschismus in den 1930er Jahren in Österreich?
    a) Demokratische Rechte wurden gestärkt
    b) Eine autoritäre Regierung wurde errichtet
    c) Österreich trat der Europäischen Union bei

  6. Welches Ereignis in der österreichischen Geschichte ist ein Beispiel für toxischen Nationalismus, der zu militärischer Gewalt führte?
    a) Der Beitritt Österreichs zur EU
    b) Der Anschluss an Nazi-Deutschland 1938
    c) Die Einführung der österreichischen Neutralitätspolitik

  7. Was propagierte die nationalsozialistische Ideologie beim Anschluss Österreichs an Deutschland?
    a) Eine multikulturelle Gesellschaft
    b) Die Vereinigung aller deutschsprachigen Völker
    c) Die Integration von Minderheiten in die Gesellschaft

  8. Was ist eine potenzielle Gefahr des Nationalismus, wenn er toxisch wird?
    a) Förderung von internationalem Handel
    b) Gesellschaftliche Spaltung und Diskriminierung
    c) Stärkung von Minderheitenrechten

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