Das Märchen
Klingt nett, hilft aber selten.
Autorin & Autoren: Renate Fanninger, Manfred Hofferer & Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2024
Ein im Seminar-, Trainings- und Workshopbereich immer wieder aufpoppendes Thema ist das des Mentaltrainings und den damit verbundenen vollmundigen Versprechungen, dass damit die Leistung gesteigert, das Wohlbefinden verbessert und dass die Gelassenheit und Selbstoptimierung besser gelingen.
Mentales Training, auch als Mentaltraining bekannt, ist eine Technik, die ursprünglich aus der Sportpsychologie stammt und heute auch in anderen Bereichen wie der persönlichen Entwicklung oder dem Management eingesetzt wird. In der Sportpsychologie ist Mentales Training eine nicht-körperliche Trainingsmethode, die das Ziel hat, die Leistung und das Wettkampfverhalten von Athletinnen und Athleten zu verbessern. Diese Verbesserung wird mittels verbaler Steuerung und planmäßig wiederholtem intensivem Vorstellen von einzuübenden Bewegungsabläufen und sportlichen Handlungen erreicht, ohne das vorgestellte praktisch auszuführen. In der Regel werden den nicht körperlichen- körperlich orientierte Entspannungsverfahren bspw. die Progressive Muskelentspannung oder das Autogene Training beigemengt respektive zur Seite gestellt, um zusätzlich einen Zustand der Versenkung zu erreichen, störende Gedanken zu blockieren und auszuschalten und motivations- sowie leistungsfördernde Vorstellungen (hilfreiche Selbstinstruktionen und positive Selbstkommunikation) ins Bewusstsein und Gedächtnis zu rufen.
Fest steht - zumindest im Kontext Sport - das Mentales Training besser ist als kein Training, für Frauen und Männer gleichermaßen wirksam, bei Sporterfahrenen wirksamer als bei Unerfahrenen und vorrangig gut für kognitive, denn für praktische Aufgaben. Zwar werden Teile dieser Techniken heute auch in der Psychologie und Psychotherapie angewendet, aber dabei muss immer bedacht sein, dass in diesen Bereichen ein besonderer Rahmen gegeben ist, der die Anwendung unterstützt und begleitet.
Schwierig wird die Sache Mentales Training, wenn sie von Hunz und Kunz und mehr oder weniger wahllos angewendet wird. In jedem Fall problematisch ist, wenn für die einzelnen Trainingstechniken mangelnde wissenschaftliche Belege vorhanden sind und die Wirksamkeit und Sicherheit eher in die Bereiche des Vermutens und Glaubens fällt. Das ist an sich schon ein Problem und verschärft sich, da solche Techniken, bei denen zum einen ein Wirknachweis fehlt, und zum anderen sie sich gegenseitig negativ beeinflussen und verstärken können, und somit das genaue Gegenteil davon bewirken was intendiert bzw. geplant war. Die Folge ist, dass sich unbeabsichtigt psychologische Effekte mit negativen Nebenwirkungen einstellen, die das Problem mehr verstärken als in irgendeiner Weise beruhigen. Ein weiteres Problemfeld ist, dass nicht selten in der Bewerbung dieser Trainings bei den Betroffenen unrealistische Erwartungen erzeugt, und Hoffnungen geschürt werden, die jedoch in kurzer Zeit mehr zu Frustration und Demotivation führen, da die Ziele übertreiben und unrealistisch sind, die Erwartungen und Verbesserungsversprechungen zu hoch waren oder die Anwendungen den Erwartungen nicht entsprechen konnten. Und wenn doch, dann ist es nicht selten - Professionistinnen und Professionalsten wissen, was das bedeutet -, dass sich recht rasch eine übermäßig-einseitige Ausrichtung und Abhängigkeit zeigt und sich zudem eine Vernachlässigung anderer Aspekte, die für die gesunde Problemlösung wichtig wären, einstellt.
In diesem Sinne, Mentales Training kann im richtigen Kontext und fachlich korrekt eingesetzt und angewendet ein nützliches Werkzeug sein, aber es sollte immer nur als ein möglicher und in seinen Einschränkungen verstandenen Teil eines ganzheitlichen Ansatzes angesehen werden. Die richtige Anwendung unter Anleitung von qualifizierten Fachleuten, die mit wissenschaftlich fundierten Techniken; mit denen sie auch arbeiten können und dürfen, in Kombination mit realistischen Zielsetzungen und die immer auch eine gute Balance zwischen mentalen, physischen und sozialen Aspekten im Auge haben sind entscheidend, um Ergebnisse zu erzielen, potenzielle Risiken zu minimieren und den Scharlatanen den Wind aus den von ihnen selbst aufgeblähten Segeln zu nehmen und aus dem Weg zu gehen. Wenn Interesse und Bedarf bestehen, bearbeiten wir dieses Thema gerne vertieft in unseren Ausbildungsangeboten. Reden wir darüber: